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Die Teilungsversteigerung in der Erbengemeinschaft

Rechtsanwältin Amelie Miedtank • Juli 19, 2022

Die Teilungsversteigerung bereitet die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft vor.

Die Erbengemeinschaft

Im deutschen Erbrecht herrscht der Grundsatz der Universalsukzession. Das bedeutet, dass die Erben einer Person automatisch bei deren Tod in ihre Rechtsstellung nachrücken. Alle Rechte und Pflichten gehen „von selbst“ auf den oder die Erben über. Eine gesonderte Übertragung findet nicht statt. Bei einem Erben funktioniert das Ganze problemlos. Doch was ist, wenn ein Erblasser mehrere Erben hinterlässt? Diese Situation kann sowohl eintreten, wenn der Erblasser mehrere Personen in seinem Testament zu Erben benennt, als auch, wenn nach der gesetzlichen Erbfolge mehrere zu Erben berufen sind, beispielsweise der Ehegatte und die gemeinsamen Kinder. Die Erben bilden in einem solchen Fall eine sogenannte Erbengemeinschaft. Sämtliche Rechte und Pflichten des Erblassers gehen auf die Erbengemeinschaft über.

Dazu ein Beispiel: Erblasser E hat seine drei Kinder A, B und C als Erben eingesetzt. Sein Nachlass besteht im Wesentlichen aus einem kleinen Häuschen. Mit dem Erbfall geht nun die Immobilie auf seine Kinder über. Es ist aber nicht so, dass jedes der drei Kinder automatisch 1/3 Miteigentum an dem Häuschen erhalten. Stattdessen steht das Häuschen im Eigentum von A, B und C in Erbengemeinschaft.

Die Verwaltung des Nachlasses in der Erbengemeinschaft

Welche Konsequenzen ergeben sich daraus? Zunächst relevant ist die Verwaltung des Nachlasses. Die Miterben, sprich also die Erbengemeinschaft, müssen den Nachlass gemeinschaftlich verwalten. Das bedeutet, dass Entscheidungen darüber, wie mit dem Nachlass zu verfahren ist, gemeinschaftlich getroffen werden. Maßnahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung werden mit Stimmenmehrheit getroffen. Darunter fallen alle Maßnahmen, die für die tatsächliche, beziehungsweise rechtliche Erhaltung, Vermehrung, Sicherung und Nutzung des Nachlasses erforderlich sind. Umfasst davon sind beispielsweise laufende Instandhaltungsmaßnahmen und die Verwaltung der Immobilie. Daneben gibt es Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung. Das sind Maßnahmen, die den Nachlass wesentlich verändern, beispielsweise der Verkauf wesentlicher Nachlassbestandteile. Diese können nur einstimmig getroffen werden.

Zurück zu unserem Beispiel: Wir haben nun gelernt, dass das Häuschen zunächst an die Erbengemeinschaft gefallen ist. A und B finden das ganz prima. Sie wollen das Häuschen als Kapitalanlage behalten und vermieten. C hingegen ist unglücklich: C hat gerade selber eine Immobilie im Blick, die er gerne kaufen würde und könnte gut Eigenkapital dafür gebrauchen. Die Konsequenz: Streit in der Erbengemeinschaft!

Ausweg: Die Teilungsversteigerung

Ist C nun also als Miterbe in der Erbengemeinschaft „gefangen“? Nein, das Gesetz kennt eine Lösung: Die Teilungsversteigerung. Die Teilungsversteigerung ist eine besondere Form der Zwangsversteigerung. Sie dient dazu, Gemeinschaften, die ein Grundstück halten, – hier also die Erbengemeinschaft – aufzuheben. Zur Teilungsversteigerung kommt es, wenn die Beteiligten zerstritten sind und sie sich nicht über die Aufteilung, bzw. die Verwertung des Eigentums einigen können.

Die Immobilie wird über das Gericht versteigert. Der dabei entstehende Verkaufserlös wird zwischen den Erben aufgeteilt und die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft ist nun einfach möglich.

Ablauf der Teilungsversteigerung

C ist begeistert! Nach stundenlangen Diskussionen mit seinen Geschwistern, die zu keinem Ergebnis geführt haben, möchte er nun endlich handeln. Wie kommt also die Teilungsversteigerung in den Gang?

Die Teilungsversteigerung muss bei dem Gericht beantragt werden, in dessen Bezirk die entsprechende Immobilie belegen ist. Der Antrag muss die Angaben zu dem Antragsteller, d.h. Cs Name und Anschrift und den Namen und die Anschrift der übrigen Mitglieder der Erbengemeinschaft enthalten. Das Grundstück ist genau zu bezeichnen und ein aktueller Grundbuchauszug der zu versteigernden Immobilie ist beizufügen. Wenn das Grundstück im Eigentum der Erbengemeinschaft steht, dann ist außerdem noch ein Nachweis der Erbenstellung beizufügen. In der Regel also ein Erbschein, ein notarielles Testament oder ein eindeutiges handschriftliches Testament.

Nach der Antragstellung holt das Gericht ein Wertgutachten der Immobilie ein, um den Verkehrswert zu bestimmen. Das Gericht ermittelt sodann ein Mindestgebot. Das Mindestgebot muss die Verfahrenskosten, die Grundsteuer, als auch die im Grundbuch eingetragenen Rechte nebst Nebenleistungen wie laufende und rückständige Zinsen decken. Anschließend bestimmt das Gericht einen Versteigerungstermin. Am Tag des Versteigerungstermins findet dann die sogenannte Bieterstunde statt. Alle Interessenten haben mindestens 30 Minuten Zeit, um Gebote für die Immobilie abzugeben. Wer das höchste Gebot abgibt, erhält den Zuschlag und ersteigert die Immobilie. Der erzielte Kaufpreis muss sodann unter den Miterben entsprechend ihrer Erbquoten aufgeteilt werden.

Ausschluss der Teilungsversteigerung?

Ist die Durchführung einer Teilungsversteigerung immer möglich? Das kommt darauf an, was der Erblasser testamentarisch verfügt hat. Dem Erblasser steht die Möglichkeit offen, die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft insgesamt oder im Bezug auf einzelne Nachlassgegenstände auszuschließen. Das kann der Erblasser beispielsweise machen, wenn es ihm besonders wichtig ist, dass bestimmte Nachlassgegenstände – wie etwa das Familienheim – in der Familie erhalten bleiben und nicht aufgrund von erbrechtlichen Streitigkeiten veräußert werden müssen. Diese „kalte Hand aus dem Grab“ mit dem der Erblasser Einfluss auf die Auseinandersetzung seiner Erben nimmt, kann jedoch nicht ewig regieren: Das Gesetz besagt, dass spätestens 30 Jahre nach dem Erbfall eine Auseinandersetzung wieder möglich wird.

Sowohl bei der eigenen Nachlassplanung, als auch bei der Frage der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft ist die Teilungsversteigerung also im Blick zu behalten. Die juristische Beratung empfiehlt sich zur Vermeidung ungewollter Ergebnisse stets!


Interesse geweckt?

Das im Blogbeitrag beschriebene Thema bewegt Sie? Sie denken über die eigene Nachfolgeplanung nach oder es ist ein Erbfall eingetreten? Wir beraten Sie gern - melden Sie sich jetzt und vereinbaren einen Termin für die Erstberatung!

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von Rechtsanwältin Amelie Miedtank 26 Okt., 2023
Ein Testament ist schnell geschrieben – der letzte Wille wird wohl überlegt, in Worte gefasst und handgeschrieben auf einem Zettel festgehalten. Schon liegt ein formwirksames Testament vor, nach dem sich die Erbfolge zu richten hat. Doch leider kommt es in so manchem Fall dazu, dass die Klärung, was denn nun eigentlich tatsächlich der letzte Wille war, sich bei einem solch schnell errichteten Testament in die Länge ziehen kann. Über einen solchen Fall hatte das LG Hagen jüngst zu entscheiden. Der Sachverhalt der Gerichtsentscheidung In dem Fall, den das Landgericht zu entscheiden hatte, musste folgende Situation bewertet werden. Die Erblasserin war geschieden und hatte zwei Kinder. Sie verfasste ein handschriftliches Testament, in dem sie nach ihren Vorstellungen ihr Vermögen auf ihre Kinder und Enkelkinder aufteilte. Überschrieben war das Testament wie folgt: „Im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte lege ich hiermit meinen letzten Willen fest. Das gilt für den Fall, dass ich nicht aus meinem Urlaub zurückkomme.“ Das Testament wies zwei Unterschriften auf. Einmal wurde es am 05.03.1998 – kurz bevor es für die Erblasserin in den Urlaub ging – unterschrieben. Die zweite Unterschrift datiert auf den 10.02.2000. Wenig überraschend verreiste die Erblasserin kurz darauf mit ihrem Enkelsohn. Nun kam es wie kommen musste: Die Kinder der Erblasserin gerieten in Streit über das Testament. Die Tochter der Erblasserin argumentierte dabei, dass das handschriftliche Testament doch nach dem Wortlaut ganz klar nur gegolten hätte, wenn die Erblasserin aus ihren Urlauben in den Jahren 1998 und 2000 eben nicht zurückgekommen wäre. Den Fall, dass sie über zwanzig Jahre später zuhause, nicht im Urlaub, versterben würde, den habe sie doch gerade nicht geregelt. Insoweit gelte also die gesetzliche Erbfolge. Auslegung des Testamentes Das Gericht hatte nun die Aufgabe, das Testament auszulegen. Bei der Auslegung eines Testamentes wird vornehmlich erforscht, was denn der wahre Wille des Testierenden gewesen ist. Selbst ein vermeintlich klarer Wortlaut kann von dem Testierenden anders verstanden oder gemeint worden sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn rechtliche Laien juristische Fachbegriffe benutzen – beispielsweise werden die Begrifflichkeiten des „erben“ und des „vermachen“ selten in der rechtlich richtigen Konsequenz verwendet. Entscheidend für die Auslegung ist also nicht, wie ein Dritter das Testament versteht, sondern es kommt darauf an, was denn der natürliche Wille des Testierenden zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung war. Darüber hinaus kann auch eine ergänzende Testamentsauslegung vorgenommen werden. Verändern sich nach der Errichtung des Testaments unerwartet die wesentlichen Umstände – es verstirbt beispielsweise der eingesetzte Erbe oder die treu gedachte Ehefrau zeigt ihr wahres Gesicht – dann kann sich eine Lücke im Testament ergeben. Diese Lücke kann durch die Ermittlung des mutmaßlichen Erblasserwillens geschlossen werden. Was hätte der Erblasser gewollt, wenn ihm zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung dieser veränderte Umstand bekannt gewesen wäre? Die Grenze der Auslegung findet sich in der Formvorschrift. Testamente müssen entweder handschriftlich oder notariell errichtet werden. Die Auslegung kann also nicht gänzlich frei von den Worten des Testamentes erfolgen. Der natürliche und auch der mutmaßliche Wille des Erblassers müssen zumindest eine Stütze im Wortlaut des Testamentes finden. Der Wille muss im Testament also wenigstens angedeutet werden. Die Entscheidung des LG Hagen Nach diesen Auslegungsregeln musste das Landgericht nun entscheiden, wie wohl der Satz im Testament der Erblasserin gemeint gewesen war. Der Wortlaut scheint hier ganz eindeutig zu sein: „Das gilt für den Fall, dass ich nicht aus dem Urlaub zurückkomme.“ Na ja, so überlegte das Gericht, wenn ein Testierender in sein Testament Bezug auf ein besonderes Ereignis oder eine bestimmte Situation nimmt – hier also die Urlaubsreise – dann ist der Wille des Erblassers auf folgendes zu erforschen: Sollte tatsächlich die Geltung des Testaments verbunden werden, mit diesem Ereignis oder der Situation? Oder wollte der Erblasser nur seine Beweggründe oder den Anlass der Testamentserrichtung mitteilen? Hierzu stellt sich die Frage, ob der Erblasserwille verknüpft ist mit der von ihm benannten Bedingung. Hätte in unserem Fall die Erblasserin anders testiert, wenn sie gewusst hätte, dass sie den Urlaub überlebt? Anhaltspunkte dafür finden sich in ihrem Testament nicht. Das Landgericht weist daraufhin, dass regelmäßig davon ausgegangen werden dürfte, dass Testierende den gleichen Willen für ihre Nachfolge haben – gleich, ob es im Urlaub oder Zuhause zu Ende geht. Nur wenn die benannte Erbfolge in einem eindeutigen Zusammenhang mit dem genannten Ereignis oder der Situation steht, dann kann ausnahmsweise von einer echten Bedingung ausgegangen werden. Doch wie ist der Umstand zu werten, dass die Erblasserin das Testament vor zwei Urlaubsreisen unterschrieben hat, anschließend aber nicht mehr? Unstreitig hatte die Erblasserin auch nach dem Jahr 2000 noch Urlaubsreisen unternommen. Nach Auffassung des Landgerichts führt auch dies nicht zu einer abweichenden Auslegung. Immerhin hatte die Erblasserin das Testament schließlich noch zwanzig Jahre aufgehoben, ohne es zu ändern oder ein anderes Testament zu errichten. Die Beratung vermeidet Streit Immer wieder führen vermeintliche einfache Formulierungen in Testamenten, über die der Testierende sich vielleicht gar keine großen Gedanken gemacht hat, zu erbitterten Streitigkeiten unter den Angehörigen. Von daher empfiehlt sich auch bei vermeintlich einfachen Sachverhalten die Beratung durch einen im Erbrecht tätigen Anwalt oder einen Notar stets.
von Rechtsanwältin Amelie Miedtank, LL.M. 08 Aug., 2023
Zwei Eheleute errichten ein gemeinsames Testament. Darin steht, dass sie sich zunächst gegenseitig zu Alleinerben einsetzen. Der gemeinsame Sohn soll jedoch vorab bereits das Haus und die Guthabenbeiträge bei der Bank erhalten. Es kommt, wie es kommen muss: Der Ehemann verstirbt. Die Ehefrau beantragt bei dem zuständigen Nachlassgericht einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweist. Das zuständige Amtsgericht entscheidet das aber anders: Na ja, überlegt die zuständige Richterin sich, das kann ja nicht richtig sein, dass nur die Ehefrau im Erbschein steht. Der Sohn „erbt“ doch schließlich das Haus und die Bankkonten, so steht es im Testament. Abweichend vom Antrag erlässt sie also einen Erbschein mit dem Inhalt, dass die Ehefrau den Nachlass ihres Mannes geerbt habe, mit Ausnahme des Anteils des Erblassers am Grundbesitz sowie der Guthabenbeiträge auf der Bank. Diese habe der Sohn geerbt. Ist das so richtig? Entscheidung des OLG Celle Einen ähnlichen Fall hatte das OLG Celle jüngst zu entscheiden und war über den erlassenen Erbschein gelinde gesagt „not amused“. In dem Beschluss des OLG Celle (19.06.2023, 6 W 65/23) heißt es, denen in dem Fall zuständigen Richtern scheine es im konkreten Fall an Grundkenntnissen des materiellen Erbrechts und des Verfahrensrechts zu fehlen. Nicht nur das, es fehle auch an der Bereitschaft, sich diese Kenntnisse zu verschaffen. Dies führe – so die Richter des OLG - zu Entscheidungen, die das Ansehen der Justiz in der Bevölkerung zu beschädigen geeignet seien. Das sind Worte, die kein Richter in seiner Laufbahn jemals hören möchte. Doch was ist der Hintergrund, dass der Senat des OLG Celle sich veranlasst gesehen hat, so scharfe Worte zu wählen? Im Testament steht es doch! Liegt ein wirksam errichtetes Testament vor, dann richtet sich die Erbfolge nach diesem Testament. Es herrscht grundsätzlich Testierfreiheit, d.h. der Erblasser kann frei darüber entscheiden, was mit seinem Vermögen nach seinem Tode geschieht. Daraus folgt, dass auch testamentarisch sehr flexibel Vermögen verteilt werden kann. Ist ein Testament nicht eindeutig, so ist es nach dem (mutmaßlichen) Willen des Testierenden auszulegen. In dem Beispielsfall könnte man nun auf den Gedanken kommen, dass eine Auslegung nicht erforderlich ist. Der Erblasser hat doch klar gesagt, wer was haben soll? Ganz so leicht (wie es sich auch die Richterin gemacht hat), ist es aber leider nicht. Die Verfügungen des Erblassers müssen so ausgelegt werden, dass diese den Grundsätzen des Erbrechts entsprechen. Die Grundsätze des Erbrechts Das deutsche Erbrecht kennt eine Einsetzung auf einzelne Gegenstände nicht. Wer als Erbe eingesetzt ist, der übernimmt in der Sekunde des Todes den gesamten Nachlass des Erblassers. Das bedeutet, der Erbe, bzw. die Erbengemeinschaft erhält das Eigentum und den Besitz an allen Nachlassgegenständen. Mitnichten ist es also so, dass mit dem Erbfall der Sohn Alleineigentümer des Hauses und des Kontenvermögens geworden ist oder die Ehefrau Alleineigentümerin des übrigen Vermögens. Stattdessen fällt das gesamte Vermögen eines Erblassers an seinen Erben, ggf. in Erbengemeinschaft. Alle Vermögensgegenstände des Erblassers, d.h. auch das Haus, das Kontovermögen, etc., fallen dem Erben, bzw. der Erbengemeinschaft, zu. Juristisch formuliert tritt eine Gesamtrechtsnachfolge oder auch eine Universalsukzession ein. Das bedeutet aber nicht, dass es einem Testierenden gänzlich verwehrt wäre, einzelne Nachlassgegenstände zu verteilen oder auch Personen zu begünstigen, die ansonsten aber nicht Erbe oder Erbin werden sollen. Richtigerweise werden solche Anordnungen juristisch nicht als „Erbe“ bezeichnet, auch wenn das im nicht juristischen Sprachgebrauch ganz üblich ist. Stattdessen liegt entweder ein Vermächtnis oder eine Teilungsanordnung vor. Vermächtnis Bei einem Vermächtnis weist der Erblasser einen bestimmten Gegenstand jemandem zu. Ein Beispiel dafür wäre, wenn es im Testament heißen würde: „Ich vermache meine Eisenbahnanlage an meinen guten Freund Dieter“. Es verbleibt bei dem zuvor benannten Grundsatz: Zunächst fällt das Eigentum in die Erbengemeinschaft. Dieter erhält das Eigentum an der Eisenbahn also nicht „von selbst“. Stattdessen hat er einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Erbengemeinschaft auf Übereignung der Eisenbahn. Das heißt, dass alle Mitglieder der Erbengemeinschaft und Dieter sich darüber einig sein müssen, dass die Eisenbahn ihm zukünftig gehören soll und ihm im besten Fall die Eisenbahn auch direkt aushändigt wird. Weigert die Erbengemeinschaft sich, müsste Dieter auf Herausgabe klagen. Es bedarf also eines gesonderten Aktes, die Erbengemeinschaft muss das Vermächtnis noch erfüllen. Teilungsanordnung Daneben kann der Erblasser auch eine Teilungsanordnung in seinem Testament treffen. Beispielsweise könnte das Testament lauten: „Mein Sohn und meine Tochter beerben mich zu gleichen Teilen. Im Wege der Teilungsanordnung bestimme ich, dass mein Sohn die Bankkonten erhält und meine Tochter das Haus.“ Auch hier tritt zunächst der Grundfall ein: Sohn und Tochter bilden eine Erbengemeinschaft. Sowohl Haus als auch Bankkonten fallen zunächst in die Erbengemeinschaft und müssen von beiden gemeinschaftlich verwaltet werden. Bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft kann nun aber die Tochter verlangen, dass ihr Bruder daran mitwirkt, ihr das Haus zu übertragen. Umgekehrt gilt es für die Bankkonten genauso. Auslegung des Testamentes Soweit stellen sich also die Grundzüge des materiellen Erbrechts dar. Doch gerade juristische Laien, die ihr Testament selber formulieren, kennen diese Grundzüge und Begrifflichkeiten häufig nicht. Die Hinterbliebenen stehen dann vor der schwierigen Frage, wie ein solches unjuristisch formuliertes Testament denn eigentlich auszulegen ist. In dem Beispielsfall stellt sich die Frage, wer denn nun Erbe geworden ist? Die Ehefrau, der Sohn oder beide? Bei der Auslegung, gerade eines handschriftlichen Testamentes, darf dabei nicht streng vom Wortlaut ausgegangen werden. Gerade die Begriffe „erben“ und „vermachen“ werden bei der Errichtung von Testamenten durch erbrechtliche Laien gerne vermischt. Stattdessen stellt sich die Frage, wer den Nachlass aus Sicht des Erblassers hauptverantwortlich übernehmen, verwalten und auseinandersetzen soll. Darüber kann leider regelmäßig vortrefflich gestritten werden. Aus diesem Grund empfiehlt es sich bei der Gestaltung des eigenen Testamentes fachkundigen Rat einzuholen, bzw. das Testament jedenfalls noch einmal „querlesen“ zu lassen. Auch wenn der Erbfall bereits eingetreten ist und die Hinterbliebenen sich mit einem unklaren Testament auseinandersetzen müssen, kann die frühzeitige Einholung eines anwaltlichen Rats für Klarheit sorgen und Streitigkeiten vermeiden.
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