Bekanntermaßen dauern nicht alle Ehen an, „bis dass der Tod uns scheidet“. Aus den unterschiedlichsten Gründen kommt es immer wieder zu Scheidungen und den damit verbundenen rechtlichen Fragestellungen. Neben den unmittelbaren Scheidungsfolgen kann die Scheidung auch Auswirkungen bis in das Erbrecht hinein haben. Zur Verdeutlichung soll der folgende Fall gebildet werden: Maria ist nach einem deftigen Rosenkrieg frisch geschieden und hat einen dreijährigen Sohn, Max. Zu ihrem ehemaligen Ehemann hat Maria keinen Kontakt mehr.
Maria hat in ihrem bisherigen Leben flei ßig gearbeitet und verfügt über ein abbezahltes Haus und beträchtliches Bankvermögen. Ein Testament hat sie bislang nicht errichtet. Doch seit kurzem quält Maria ein Horrorszenario: Was würde eigentlich passieren, wenn ihr etwas zustößt? Und noch weiter gedacht… was ist, wenn auch dem kleinen Max etwas passiert?
Die gesetzliche Ausgangslage
Wir betrachten einmal, was in einem solchen Fall erbrechtlich eigentlich geschehen würde. Maria hat kein Testament hinterlassen, so dass die gesetzliche Erbfolge eintritt. Ihr Ex ist – zum Glück – aufgrund der rechtskräftigen Scheidung außen vor und erbt nichts von ihr. Ihr Alleinerbe wird ihr Sohn Max. Doch wer erhält das Sorgerecht? In erster Linie kommt dafür der Vater von Max in Betracht, Marias verhasster Ehemann. Und mit dem Sorgerecht kann Max Vater auch über dessen Vermögen verfügen, das heißt auch über sein ererbtes Vermögen. Dieser Gedanke lässt Maria schon erschaudern.
Maria malt sich den Albtraum weiter aus – was wäre, wenn Max kurz nach ihr versterben würde? Max ist mit seinem Alter von drei Jahren nicht in der Lage gewesen, ein Testament zu errichten. Dies ist grundsätzlich erst mit sechzehn Jahren unter Einschränkungen und endgültig erst ab achtzehn Jahren möglich. Auch nach dem Tode von Max tritt also die gesetzliche Erbfolge ein. Und wer bleibt bei der gesetzlichen Erbfolge übrig? Maria erahnt es schon… Ihr Ex! Ihr hart erarbeitetes Vermögen landet also bei dem Mann, der ihr das Leben zur Hölle gemacht hat. Das will Maria auf gar keinen Fall!
Möglichkeit der testamentarischen Gestaltung
Maria lässt der Gedanke an dieses Szenario nicht los. Sie lässt sich also umgehend juristisch beraten. Ihr Anliegen ist klar: Natürlich soll Max ihr Erbe werden, aber es soll bloß nichts von ihrem Vermögen bei ihrem Ex landen und er soll auch nicht im Rahmen der elterlichen Sorge das Erbe von Max verwalten.
Sie erhält bereits einen ersten hilfreichen Rat: Gemäß § 1638 BGB kann ein Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung bestimmen, dass sich die Vermögenssorge der Eltern eines Kindes nicht auf das Vermögen erstrecken soll, welches das Kind von Todes wegen, sprich als Erbe, erhält. Mit einer solchen Bestimmung kann der Erblasser verhindern, dass der andere Elternteil das ererbte Vermögen mit verwalten kann.
Doch wie lässt sich die Situation in den Griff bekommen, dass der Ex als Max Erbe das Vermögen erhält? Die Lösung wird in juristischen Kreisen unter dem Stichwort des sogenannten „Geschiedenentestaments“ geführt.
Das Vor- und Nacherbenmodell
Eine Möglichkeit besteht darin, dass Maria ihren Sohn nur als Vorerben einsetzt. Anders als bei der Einsetzung als Vollerbe fällt das Vermögen, welches Max von ihr erben würde, nicht in sein eigenes Vermögen. Das Erbe bleibt als Sondervermögen bestehen. Diese juristische Feinheit hat weitreichende Auswirkungen. Das Nachlassvermögen fällt zwar zunächst Max an. Wenn Max selber verstirbt, fällt das Nachlassvermögen von Maria an den von Maria bestimmten Nacherben an. Es wird damit getrennt von Max eigenem Vermögen vererbt, das – solange er noch nicht in der Lage war, ein eigenes Testament zu errichten – an seine gesetzlichen Erben fällt. Solange Max keine eigenen Kinder hat ist in der gesetzlichen Erbfolge sein Vater Alleinerbe oder (falls Max heiratet) wenigstens noch zu einem Teil als gesetzlicher Erbe an seinem Vermögen beteiligt.
Die Einsetzung als Vorerbe hat jedoch einige Nachteile. Grundsätzlich unterliegt ein Vorerbe zahlreichen Einschränkungen. Nach der gesetzlichen Konzeption darf ein Vorerbe nicht die Substanz der Erbschaft verbrauchen, sondern nur von den Erträgen leben. Sinn und Zweck der Vor- und Nacherbschaft ist nämlich eigentlich nicht der Ausschluss des bösen Ex, sondern die Bewahrung des Nachlasses für den Nacherben. Das ist bei dieser vorgestellten Gestaltung nicht das Ziel, sondern nur „Mittel zum Zweck“. Der Vorerbe kann von dem Erblasser von den gesetzlichen Einschränkungen weitgehend befreit werden. Es verbleibt aber dabei, dass der Vorerbe den Nachlass nicht verschenken darf. Außerdem erhält der Nacherbe ein Recht gegenüber dem Vorerben, ein Nachlassverzeichnis zu erhalten. Auch erbschaftsteuerrechtlich ist die Vor- und Nacherbschaft nicht das Mittel der Wahl.
Daneben besteht ein weiteres Problem: Wer soll als Nacherbe eingesetzt werden? Maria ist es eigentlich egal, wer ihr Vermögen erhält – hauptsache nicht ihr Ex! Wenn Max heiratet oder eigene Kinder bekommt, dann soll das Vermögen natürlich in Max Familie bleiben. Aus diesen Erwägungen soll die Vor- und Nacherbschaft nicht länger dauern, als es unbedingt erforderlich ist. Die Lösung ist die Anordnung der Vor- und Nacherbschaft unter eine aufschiebende Bedingung zu stellen. Wenn der Ex nicht mehr erben kann, dann endet die Anordnung der Vor- und Nacherbschaft und Max wird Vollerbe. Wann kann der Ex nicht mehr erben? Dafür muss er entweder vor Max versterben oder als gesetzlicher Erbe ausscheiden. Das tut er in dem Moment, in dem Max ein eigenes Kind bekommt.
Die Beratung empfiehlt sich stets
Mit dem Geschiedenentestament bietet sich eine optimale Lösung für Konstellationen, in denen ein Zugriff des anderen Elternteils auf das eigene Vermögen vermieden werden soll. Die dargestellte Gestaltung ist mit den damit verbundenen Nachteilen nicht die einzige Möglichkeit, den Zugriff zu verhindern. Es ist stets im Einzelfall abzuwägen, welche testamentarische Gestaltung zu der jeweiligen Lebenssituation und den Wünschen und Vorstellungen des Erblassers passt. Eine fundierte juristische Beratung kann damit nur empfohlen werden.
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