Die Erbengemeinschaft
Im deutschen Erbrecht herrscht der Grundsatz der Universalsukzession. Das bedeutet, dass die Erben einer Person automatisch bei deren Tod in ihre Rechtsstellung nachrücken. Alle Rechte und Pflichten gehen „von selbst“ auf den oder die Erben über. Eine gesonderte Übertragung findet nicht statt. Bei einem Erben funktioniert das Ganze problemlos. Doch was ist, wenn ein Erblasser mehrere Erben hinterlässt? Diese Situation kann sowohl eintreten, wenn der Erblasser mehrere Personen in seinem Testament zu Erben benennt, als auch, wenn nach der gesetzlichen Erbfolge mehrere zu Erben berufen sind, beispielsweise der Ehegatte und die gemeinsamen Kinder. Die Erben bilden in einem solchen Fall eine sogenannte Erbengemeinschaft. Sämtliche Rechte und Pflichten des Erblassers gehen auf die Erbengemeinschaft über.
Dazu ein Beispiel: Erblasser E hat seine drei Kinder A, B und C als Erben eingesetzt. Sein Nachlass besteht im Wesentlichen aus einem kleinen Häuschen. Mit dem Erbfall geht nun die Immobilie auf seine Kinder über. Es ist aber nicht so, dass jedes der drei Kinder automatisch 1/3 Miteigentum an dem Häuschen erhalten. Stattdessen steht das Häuschen im Eigentum von A, B und C in Erbengemeinschaft.
Die Verwaltung des Nachlasses in der Erbengemeinschaft
Welche Konsequenzen ergeben sich daraus? Zunächst relevant ist die Verwaltung des Nachlasses. Die Miterben, sprich also die Erbengemeinschaft, müssen den Nachlass gemeinschaftlich verwalten. Das bedeutet, dass Entscheidungen darüber, wie mit dem Nachlass zu verfahren ist, gemeinschaftlich getroffen werden. Maßnahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung werden mit Stimmenmehrheit getroffen. Darunter fallen alle Maßnahmen, die für die tatsächliche, beziehungsweise rechtliche Erhaltung, Vermehrung, Sicherung und Nutzung des Nachlasses erforderlich sind. Umfasst davon sind beispielsweise laufende Instandhaltungsmaßnahmen und die Verwaltung der Immobilie. Daneben gibt es Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung. Das sind Maßnahmen, die den Nachlass wesentlich verändern, beispielsweise der Verkauf wesentlicher Nachlassbestandteile. Diese können nur einstimmig getroffen werden.
Zurück zu unserem Beispiel: Wir haben nun gelernt, dass das Häuschen zunächst an die Erbengemeinschaft gefallen ist. A und B finden das ganz prima. Sie wollen das Häuschen als Kapitalanlage behalten und vermieten. C hingegen ist unglücklich: C hat gerade selber eine Immobilie im Blick, die er gerne kaufen würde und könnte gut Eigenkapital dafür gebrauchen. Die Konsequenz: Streit in der Erbengemeinschaft!
Ausweg: Die Teilungsversteigerung
Ist C nun also als Miterbe in der Erbengemeinschaft „gefangen“? Nein, das Gesetz kennt eine Lösung: Die Teilungsversteigerung. Die Teilungsversteigerung ist eine besondere Form der Zwangsversteigerung. Sie dient dazu, Gemeinschaften, die ein Grundstück halten, – hier also die Erbengemeinschaft – aufzuheben. Zur Teilungsversteigerung kommt es, wenn die Beteiligten zerstritten sind und sie sich nicht über die Aufteilung, bzw. die Verwertung des Eigentums einigen können.
Die Immobilie wird über das Gericht versteigert. Der dabei entstehende Verkaufserlös wird zwischen den Erben aufgeteilt und die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft ist nun einfach möglich.
Ablauf der Teilungsversteigerung
C ist begeistert! Nach stundenlangen Diskussionen mit seinen Geschwistern, die zu keinem Ergebnis geführt haben, möchte er nun endlich handeln. Wie kommt also die Teilungsversteigerung in den Gang?
Die Teilungsversteigerung muss bei dem Gericht beantragt werden, in dessen Bezirk die entsprechende Immobilie belegen ist. Der Antrag muss die Angaben zu dem Antragsteller, d.h. Cs Name und Anschrift und den Namen und die Anschrift der übrigen Mitglieder der Erbengemeinschaft enthalten. Das Grundstück ist genau zu bezeichnen und ein aktueller Grundbuchauszug der zu versteigernden Immobilie ist beizufügen. Wenn das Grundstück im Eigentum der Erbengemeinschaft steht, dann ist außerdem noch ein Nachweis der Erbenstellung beizufügen. In der Regel also ein Erbschein, ein notarielles Testament oder ein eindeutiges handschriftliches Testament.
Nach der Antragstellung holt das Gericht ein Wertgutachten der Immobilie ein, um den Verkehrswert zu bestimmen. Das Gericht ermittelt sodann ein Mindestgebot. Das Mindestgebot muss die Verfahrenskosten, die Grundsteuer, als auch die im Grundbuch eingetragenen Rechte nebst Nebenleistungen wie laufende und rückständige Zinsen decken. Anschließend bestimmt das Gericht einen Versteigerungstermin. Am Tag des Versteigerungstermins findet dann die sogenannte Bieterstunde statt. Alle Interessenten haben mindestens 30 Minuten Zeit, um Gebote für die Immobilie abzugeben. Wer das höchste Gebot abgibt, erhält den Zuschlag und ersteigert die Immobilie. Der erzielte Kaufpreis muss sodann unter den Miterben entsprechend ihrer Erbquoten aufgeteilt werden.
Ausschluss der Teilungsversteigerung?
Ist die Durchführung einer Teilungsversteigerung immer möglich? Das kommt darauf an, was der Erblasser testamentarisch verfügt hat. Dem Erblasser steht die Möglichkeit offen, die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft insgesamt oder im Bezug auf einzelne Nachlassgegenstände auszuschließen. Das kann der Erblasser beispielsweise machen, wenn es ihm besonders wichtig ist, dass bestimmte Nachlassgegenstände – wie etwa das Familienheim – in der Familie erhalten bleiben und nicht aufgrund von erbrechtlichen Streitigkeiten veräußert werden müssen. Diese „kalte Hand aus dem Grab“ mit dem der Erblasser Einfluss auf die Auseinandersetzung seiner Erben nimmt, kann jedoch nicht ewig regieren: Das Gesetz besagt, dass spätestens 30 Jahre nach dem Erbfall eine Auseinandersetzung wieder möglich wird.
Sowohl bei der eigenen Nachlassplanung, als auch bei der Frage der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft ist die Teilungsversteigerung also im Blick zu behalten. Die juristische Beratung empfiehlt sich zur Vermeidung ungewollter Ergebnisse stets!
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