Vielen Menschen ist bewusst, dass sie mit einem Testament regeln können, was nach ihrem Tode passiert. Ein ebenso wichtiger, aber häufig übersehener Regelungsbedarf besteht für den Zeitpunkt vor dem Tod. Es kann passieren, dass etwa durch Krankheit oder auch durch einen Unfall ein Zustand eintritt, in dem man selber nicht mehr über sich entscheiden kann. Das betrifft insbesondere medizinische Entscheidungen, z.B. die Einwilligungen in Operationen oder auch die Ablehnung von lebenserhaltenen Maßnahmen. Daneben ist aber auch der gesamte Bereich der Vermögenssorge betroffen – wer kümmert sich um die laufenden Verträge und rechtlichen Angelegenheiten?
Was passiert, wenn man sich selber vorher nicht gekümmert hat? Wenn eine Person in einen Zustand gerät, in der sie wegen ihres geistigen Zustandes ihre Angelegenheit nicht mehr besorgen kann, dann wird grundsätzlich ein gesetzlicher Betreuer durch das Betreuungsgericht bestellt. Als gerichtlicher Betreuer kann eine Person aus dem Verwandtenkreis gewählt, dies ist aber nicht zwingend. Häufig werden auch sogenannte Berufsbetreuer bestellt. Ein solcher Betreuer hat die Person aller Wahrscheinlichkeit nach nie vorher kennengelernt und muss nun über ganz persönliche Dinge für sie entscheiden, insbesondere über ärztliche Behandlungen, über die Unterbringung, über das Vermögen… Eine Situation, die für viele sehr abschreckend ist.
Das Ehegattennotrecht
Diese unbefriedigende Situation hat nunmehr zumindest für Verheiratete in engen Ausnahmefällen ein Ende. Zum Jahreswechsel 2023 ist das neue Ehegattennotrecht in Kraft getreten, §1358 BGB. Kann ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder Krankheit seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge rechtlich nicht mehr besorgen, darf der andere Ehegatte in bestimmten Grenzen über die medizinische Versorgung und den Aufenthalt bestimmen und entsprechende Verträge abschließen. Wenigstens in medizinischen Notfällen ist damit sichergestellt, dass der eigene Ehegatte und kein fremder Berufsbetreuer über das eigene Schicksal entscheidet. Dieser Schutz ist aber leider unzureichend. Zum einen gilt das Notvertretungsrecht nur in engen Grenzen und endet grundsätzlich nach sechs Monaten. Zum anderen ist nicht gesagt, dass man vom eigenen Ehegatten vertreten werden möchte oder dieser aufgrund eigener Krankheit in der Lage ist, entsprechende Entscheidungen zu treffen. Weiterhin gilt das Notvertretungsrecht grundsätzlich nur für Entscheidungen im Zusammenhang mit der Gesundheitsfürsorge, nicht aber auch für die Vertretung in sonstigen Belangen. Gerade wichtige Angelegenheiten gegenüber Banken, Versicherungen, etc. kann der Ehegatte allein aufgrund des Ehegattennotrechts nicht treffen.
Vorsorge treffen
Das Ehegattennotrecht ist von daher kein umfassender Schutz vor einer gerichtlichen Betreuung. Gerade im Alter besteht die Sorge, dass man seine Geschäftsfähigkeit verlieren könnte und so im Rechtsverkehr nicht mehr eigenständig handeln kann. Damit man weiß, dass die eigenen Interessen auch in einem solchen Zustand so wahrgenommen werden, wie man selber das für richtig hält und wünscht, sollte die Bestellung eines gesetzlichen Betreuers möglichst vermieden werden.
Eine gesetzliche Betreuung ist dann nicht notwendig, wenn eine Person rechtzeitig eine Vorsorgevollmacht errichtet hat. In der Vorsorgevollmacht kann bestimmt werden, dass eine andere Person Generalvollmacht erhält. Diese Vollmacht umfasst sowohl das Recht in persönlichen, insbesondere in medizinischen Entscheidungen, den Vollmachtgeber zu vertreten, als auch in vermögensrechtlichen Angelegenheiten. Der Bevollmächtigte kann den Vollmachtgeber also gegenüber Banken, Versicherungen, aber auch allen anderen Vertragspartner (Vermieter/ Mieter, Fitnessstudio, Autoversicherung, etc. pp.) umfassend vertreten. Wer mag kann den Bevollmächtigten auch die Befugnis erteilen, Schenkungen vorzunehmen.
Damit der Bevollmächtigte legitimiert wird, auch über lebensbedrohliche oder sogar lebensbeende Maßnahmen zu entscheiden, wird der Vorsorgevollmacht üblicherweise eine Patientenverfügung beigefügt. In der Patientenverfügung legt der Vollmachtgeber fest, in welchen Situationen er eine Behandlung wünscht, insbesondere aber auch, in welchen Situationen eine Behandlung nicht vorgenommen oder abgebrochen werden soll. Die Patientenverfügung stellt damit sicher, dass Situationen, die man für sich selber ablehnt und als unwürdig empfindet, verhindert werden.
Weiterhin enthält die Vorsorgevollmacht eine Betreuungsverfügung. Sollte – aus welchem Grund auch immer – trotz der Vorsorgevollmacht die Anordnung einer gesetzlichen Betreuung notwendig werden, dann kann der Vollmachtgeber verfügen, welche Person zum gesetzlichen Betreuer bestellt werden soll. Wenn alle Stricke reißen, dann ist auf diesem Wege zumindest eine vertraute Person der gesetzliche Betreuer und eben kein Fremder.
Form der Vorsorgevollmacht
Die Vorsorgevollmacht kann grundsätzlich privatschriftlich errichtet werden. Vorlagen gibt es allerhand, die frei verfügbar sind. Die privatschriftliche Vorsorgevollmacht hat jedoch einige Nachteile, die durch eine notarielle Beurkundung vermieden werden.
Bei der notariellen Beurkundung wird der Text der Vorsorgevollmacht juristisch geprüft. Anders als bei Vorlagen aus dem Internet wird damit sichergestellt, dass juristisch zweideutige Formulierungen möglichst vermieden werden und sich Auslegungsfragen vermeiden lassen. Weiterhin wird der Vollmachtgeber durch den Notar umfangreich aufgeklärt. Damit wird sichergestellt, dass der Vollmachtgeber alle Konsequenzen und Folgen der Vorsorgevollmacht versteht und insbesondere auch die Patientenverfügung dem wirklichen Willen entspricht.
Wichtig ist dieser Umstand insbesondere für Ärzte. Ohne rechtswirksame Einwilligung des Patienten könnte der Arzt eine strafbare Körperverletzung begehen. Wenn sich aus der Patientenverfügung der Wille des Patienten oder das Recht des Bevollmächtigten zu entscheiden nicht eindeutig ergibt, dann wird der Arzt dies im Zweifelsfall nicht akzeptieren. Die Vollmacht muss daher hinreichend bestimmt sein.
Bei einer privatschriftlichen Vorsorgevollmacht existiert ein Original, welches der Bevollmächtigte bei der jeder Handlung vorlegen können muss. Wenn dieses Original verloren geht oder beschädigt wird, dann kann der Bevollmächtigte seine Vollmacht nicht mehr nachweisen. Im Zweifel müsste dann wiederum ein gesetzlicher Betreuer bestellt werden.
Bei der beurkundeten Vorsorgevollmacht verbleibt das Original beim Notar. Die Beteiligten erhalten Ausfertigungen der Vorsorgevollmacht, die im Rechtsverkehr das Original ersetzen. Wird die Ausfertigung beschädigt oder verloren, dann kann der Notar eine neue Ausfertigung erstellen und der Bevollmächtigte kann seine Vollmacht weiterhin zweifelsfrei nachweisen.
Der dritte wichtige Aspekt ist, dass der Bevollmächtigte mit einer notariellen Vollmacht auch solche Rechtsgeschäfte wahrnehmen kann, die der notariellen Form bedürfen. Das ist allen voran wichtig in Grundstücksgeschäften. Der Bevollmächtigte wäre nur mit der notariellen Vollmacht in der Lage, beispielsweise das Haus des Vollmachtgebers zu belasten oder zu verkaufen, um von dem Erlös beispielsweise Pflegeheimkosten bestreiten zu können.
Beratung empfiehlt sich
Zu einer umfassenden Vorsorgeplanung gehört die Erstellung einer Vorsorgevollmacht. Um sich sämtlicher juristischer Konsequenzen gewahr zu werden und keine Fehler zu begehen, empfiehlt sich die juristische Beratung durch einen Rechtsanwalt oder durch einen Notar stets!
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