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Der Anspruch auf Pflichtteilsergänzung

Rechtsanwältin Amelie Miedtank • 25. Januar 2022

Bei Schenkungen des Erblassers kann ein Anspruch auf Pflichtteilsergänzung entstehen

Hintergrund des Pflichtteilsergänzungsrechts

Das Pflichtteilsrecht sichert nahen Angehörigen des Erblassers eine Mindestbeteiligung am Nachlass. Pflichtteilsberechtigt sind die Abkömmlinge des Erblassers, sein Ehegatte und – sofern keine Abkömmlinge vorhanden sind – auch die Eltern des Erblassers.

Der Pflichtteil wird anhand des Wertes und des Bestandes des Nachlasses zur Zeit des Erbfalls berechnet. Findige Erblasser könnten deswegen auf die Idee kommen, den Nachlass möglichst durch lebzeitige Geschenke zu schmälern. Der Anspruch auf Pflichtteilsergänzung soll diese Umgehung verhindern.

Die Berechnung des Anspruchs auf Pflichtteilsergänzung

Zur Veranschaulichung das folgende Beispiel: Die Witwe Susanne hat ein Geldvermögen in Höhe von 150.000,00€. Sie hat zwei Kinder: Die geliebte Tochter Anna und die missliebige Tochter Marie. Susanne möchte, dass Marie möglichst wenig von ihrem Nachlass erhält. Kurz vor ihrem Tod schenkt sie deswegen an Anna einen Betrag in Höhe von 100.000€. In ihrem Testament setzt sie Anna zudem als Alleinerbin ein. Der Erbfall tritt ein und Marie macht ihren Pflichtteilsanspruch geltend. Dieser beträgt die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils, d.h. in dieser Konstellation ¼. Im Nachlass befinden sich noch 50.000€, so dass der ordentliche Pflichtteil 12.500€ beträgt.

Da hört es für Marie aber noch nicht auf. Hinzu kommt noch der Anspruch auf Pflichtteilsergänzung: Dieser bestimmt sich nach dem sogenannten fiktiven Nachlass. Das Geschenk wird dem tatsächlichen Nachlass hinzugerechnet, hier also 50.000€ Nachlass + 100.000€ Geschenk = Fiktiver Nachlass i.H.v. 150.000€. Der Pflichtteil in Höhe von ¼ betrüge sodann 150.000 ./. 4 = 37.500€. Davon abzuziehen ist der ordentliche Pflichtteilsanspruch (37.500 – 12.500), so dass ein Anspruch auf Pflichtteilsergänzung in Höhe von 25.000€ verbleibt.

Marie hat also insgesamt einen Anspruch auf Zahlung ihres Pflichtteils in Höhe von 12.500€ und auf Zahlung der Pflichtteilergänzung in Höhe von 25.000€ gegen Anna.

Voraussetzungen des Anspruchs

Tatbestandlich setzt der Anspruch auf Pflichtteilsergänzung voraus, dass eine Schenkung vorliegt. Eine Schenkung liegt in der juristischen Welt vor, wenn der Beschenkte objektiv aus dem Vermögen des Erblassers bereichert wurde und sich die Beschenkten subjektiv darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Übersetzt heißt das: Anna kriegt das Geld von Susannes Konto und die beiden sind sich darüber einig, dass Anna im Gegenzug nichts dafür leisten muss.

Schenkungen können bei uns Juristen auch (teil-)entgeltlich sein. Verpflichtet sich der Beschenkte beispielsweise zur Pflege des Schenkers oder zu einer monatlichen Leibrentenzahlung, entsteht dadurch ein Gegenwert. In Höhe dieses Gegenwertes ist die Schenkung entgeltlich und wird bei der Berechnung des Anspruchs auf Pflichtteilergänzung nicht berücksichtigt.

Anspruchsberechtigt ist jeder, der nicht die volle Höhe seines ordentlichen Pflichtteils aufgrund des Geschenks erhält. Umfasst sind davon durchaus auch Erben. Wäre in unserem Beispiel Marie zu ¼ als Erbin und Anna zu ¾ als Erbin eingesetzt, so hätte Marie einen Erbteil mit einem Wert von 12.500€ bekommen. Ihr steht weiterhin ein Anspruch auf Pflichtteilsergänzung in Höhe von 25.000€ zu.

Abschmelzungsmodell

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch besteht aber nicht für sämtliche Schenkungen des Erblassers. Von vornherein nicht erfasst sind Anstands- und Pflichtteilsschenkungen. Angemessene Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke sind damit vor dem Zugriff der Pflichtteilsberechtigten geschützt. Auch zeitlich gibt es eine Eingrenzung: Zehn Jahre nach dem Zeitpunkt des Schenkungsvollzugs kann der Pflichtteilsergänzungsanspruch nicht mehr geltend gemacht werden. Zusätzlich werden pro verstrichenem Jahr seit der Schenkung 10% von dem Wert der Schenkung abgeschmolzen. Hätte Susanne Anna das Geld beispielsweise fünf Jahre vor dem Erbfall geschenkt, wäre es nur noch zu 50% im Rahmen der Bestimmung des Anspruchs auf Pflichtteilergänzung zu beachten gewesen.

Wir Juristen machen es aber gerne kompliziert: Die Zehnjahresfrist beginnt in bestimmten Konstellationen noch nicht mit dem rechtlichen Vollzug der Schenkung zu laufen. Weiterhin erforderlich ist nach der anschaulich benannten „Genusstheorie“, dass der Schenker den „Genuss“ an dem verschenkten Gegenstand aufgegeben hat.

Vorsicht bei Immobilienschenkungen

Auch und gerade bei Schenkungen von Immobilien kommt es häufig nicht dazu, dass die Zehnjahresfrist anläuft. Die Immobilie muss nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich an den Beschenkten übergehen. Das ist solange nicht der Fall, wie der Schenker noch „Herr, bzw. Herrin der Immobilie“ ist. Behält der Schenker sich einen Nießbrauch an der gesamten Immobilie vor, so verbleibt er im Genuss der Nutzungen und der Früchte der Immobilie. Der Beschenkte wird nicht „Herr der Immobilie“ … und der Pflichtteilsberechtigte frohlockt!


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von Rechtsanwältin Amelie Miedtank 26. Oktober 2023
Ein Testament ist schnell geschrieben – der letzte Wille wird wohl überlegt, in Worte gefasst und handgeschrieben auf einem Zettel festgehalten. Schon liegt ein formwirksames Testament vor, nach dem sich die Erbfolge zu richten hat. Doch leider kommt es in so manchem Fall dazu, dass die Klärung, was denn nun eigentlich tatsächlich der letzte Wille war, sich bei einem solch schnell errichteten Testament in die Länge ziehen kann. Über einen solchen Fall hatte das LG Hagen jüngst zu entscheiden. Der Sachverhalt der Gerichtsentscheidung In dem Fall, den das Landgericht zu entscheiden hatte, musste folgende Situation bewertet werden. Die Erblasserin war geschieden und hatte zwei Kinder. Sie verfasste ein handschriftliches Testament, in dem sie nach ihren Vorstellungen ihr Vermögen auf ihre Kinder und Enkelkinder aufteilte. Überschrieben war das Testament wie folgt: „Im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte lege ich hiermit meinen letzten Willen fest. Das gilt für den Fall, dass ich nicht aus meinem Urlaub zurückkomme.“ Das Testament wies zwei Unterschriften auf. Einmal wurde es am 05.03.1998 – kurz bevor es für die Erblasserin in den Urlaub ging – unterschrieben. Die zweite Unterschrift datiert auf den 10.02.2000. Wenig überraschend verreiste die Erblasserin kurz darauf mit ihrem Enkelsohn. Nun kam es wie kommen musste: Die Kinder der Erblasserin gerieten in Streit über das Testament. Die Tochter der Erblasserin argumentierte dabei, dass das handschriftliche Testament doch nach dem Wortlaut ganz klar nur gegolten hätte, wenn die Erblasserin aus ihren Urlauben in den Jahren 1998 und 2000 eben nicht zurückgekommen wäre. Den Fall, dass sie über zwanzig Jahre später zuhause, nicht im Urlaub, versterben würde, den habe sie doch gerade nicht geregelt. Insoweit gelte also die gesetzliche Erbfolge. Auslegung des Testamentes Das Gericht hatte nun die Aufgabe, das Testament auszulegen. Bei der Auslegung eines Testamentes wird vornehmlich erforscht, was denn der wahre Wille des Testierenden gewesen ist. Selbst ein vermeintlich klarer Wortlaut kann von dem Testierenden anders verstanden oder gemeint worden sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn rechtliche Laien juristische Fachbegriffe benutzen – beispielsweise werden die Begrifflichkeiten des „erben“ und des „vermachen“ selten in der rechtlich richtigen Konsequenz verwendet. Entscheidend für die Auslegung ist also nicht, wie ein Dritter das Testament versteht, sondern es kommt darauf an, was denn der natürliche Wille des Testierenden zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung war. Darüber hinaus kann auch eine ergänzende Testamentsauslegung vorgenommen werden. Verändern sich nach der Errichtung des Testaments unerwartet die wesentlichen Umstände – es verstirbt beispielsweise der eingesetzte Erbe oder die treu gedachte Ehefrau zeigt ihr wahres Gesicht – dann kann sich eine Lücke im Testament ergeben. Diese Lücke kann durch die Ermittlung des mutmaßlichen Erblasserwillens geschlossen werden. Was hätte der Erblasser gewollt, wenn ihm zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung dieser veränderte Umstand bekannt gewesen wäre? Die Grenze der Auslegung findet sich in der Formvorschrift. Testamente müssen entweder handschriftlich oder notariell errichtet werden. Die Auslegung kann also nicht gänzlich frei von den Worten des Testamentes erfolgen. Der natürliche und auch der mutmaßliche Wille des Erblassers müssen zumindest eine Stütze im Wortlaut des Testamentes finden. Der Wille muss im Testament also wenigstens angedeutet werden. Die Entscheidung des LG Hagen Nach diesen Auslegungsregeln musste das Landgericht nun entscheiden, wie wohl der Satz im Testament der Erblasserin gemeint gewesen war. Der Wortlaut scheint hier ganz eindeutig zu sein: „Das gilt für den Fall, dass ich nicht aus dem Urlaub zurückkomme.“ Na ja, so überlegte das Gericht, wenn ein Testierender in sein Testament Bezug auf ein besonderes Ereignis oder eine bestimmte Situation nimmt – hier also die Urlaubsreise – dann ist der Wille des Erblassers auf folgendes zu erforschen: Sollte tatsächlich die Geltung des Testaments verbunden werden, mit diesem Ereignis oder der Situation? Oder wollte der Erblasser nur seine Beweggründe oder den Anlass der Testamentserrichtung mitteilen? Hierzu stellt sich die Frage, ob der Erblasserwille verknüpft ist mit der von ihm benannten Bedingung. Hätte in unserem Fall die Erblasserin anders testiert, wenn sie gewusst hätte, dass sie den Urlaub überlebt? Anhaltspunkte dafür finden sich in ihrem Testament nicht. Das Landgericht weist daraufhin, dass regelmäßig davon ausgegangen werden dürfte, dass Testierende den gleichen Willen für ihre Nachfolge haben – gleich, ob es im Urlaub oder Zuhause zu Ende geht. Nur wenn die benannte Erbfolge in einem eindeutigen Zusammenhang mit dem genannten Ereignis oder der Situation steht, dann kann ausnahmsweise von einer echten Bedingung ausgegangen werden. Doch wie ist der Umstand zu werten, dass die Erblasserin das Testament vor zwei Urlaubsreisen unterschrieben hat, anschließend aber nicht mehr? Unstreitig hatte die Erblasserin auch nach dem Jahr 2000 noch Urlaubsreisen unternommen. Nach Auffassung des Landgerichts führt auch dies nicht zu einer abweichenden Auslegung. Immerhin hatte die Erblasserin das Testament schließlich noch zwanzig Jahre aufgehoben, ohne es zu ändern oder ein anderes Testament zu errichten. Die Beratung vermeidet Streit Immer wieder führen vermeintliche einfache Formulierungen in Testamenten, über die der Testierende sich vielleicht gar keine großen Gedanken gemacht hat, zu erbitterten Streitigkeiten unter den Angehörigen. Von daher empfiehlt sich auch bei vermeintlich einfachen Sachverhalten die Beratung durch einen im Erbrecht tätigen Anwalt oder einen Notar stets.
von Rechtsanwältin Amelie Miedtank, LL.M. 8. August 2023
Zwei Eheleute errichten ein gemeinsames Testament. Darin steht, dass sie sich zunächst gegenseitig zu Alleinerben einsetzen. Der gemeinsame Sohn soll jedoch vorab bereits das Haus und die Guthabenbeiträge bei der Bank erhalten. Es kommt, wie es kommen muss: Der Ehemann verstirbt. Die Ehefrau beantragt bei dem zuständigen Nachlassgericht einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweist. Das zuständige Amtsgericht entscheidet das aber anders: Na ja, überlegt die zuständige Richterin sich, das kann ja nicht richtig sein, dass nur die Ehefrau im Erbschein steht. Der Sohn „erbt“ doch schließlich das Haus und die Bankkonten, so steht es im Testament. Abweichend vom Antrag erlässt sie also einen Erbschein mit dem Inhalt, dass die Ehefrau den Nachlass ihres Mannes geerbt habe, mit Ausnahme des Anteils des Erblassers am Grundbesitz sowie der Guthabenbeiträge auf der Bank. Diese habe der Sohn geerbt. Ist das so richtig? Entscheidung des OLG Celle Einen ähnlichen Fall hatte das OLG Celle jüngst zu entscheiden und war über den erlassenen Erbschein gelinde gesagt „not amused“. In dem Beschluss des OLG Celle (19.06.2023, 6 W 65/23) heißt es, denen in dem Fall zuständigen Richtern scheine es im konkreten Fall an Grundkenntnissen des materiellen Erbrechts und des Verfahrensrechts zu fehlen. Nicht nur das, es fehle auch an der Bereitschaft, sich diese Kenntnisse zu verschaffen. Dies führe – so die Richter des OLG - zu Entscheidungen, die das Ansehen der Justiz in der Bevölkerung zu beschädigen geeignet seien. Das sind Worte, die kein Richter in seiner Laufbahn jemals hören möchte. Doch was ist der Hintergrund, dass der Senat des OLG Celle sich veranlasst gesehen hat, so scharfe Worte zu wählen? Im Testament steht es doch! Liegt ein wirksam errichtetes Testament vor, dann richtet sich die Erbfolge nach diesem Testament. Es herrscht grundsätzlich Testierfreiheit, d.h. der Erblasser kann frei darüber entscheiden, was mit seinem Vermögen nach seinem Tode geschieht. Daraus folgt, dass auch testamentarisch sehr flexibel Vermögen verteilt werden kann. Ist ein Testament nicht eindeutig, so ist es nach dem (mutmaßlichen) Willen des Testierenden auszulegen. In dem Beispielsfall könnte man nun auf den Gedanken kommen, dass eine Auslegung nicht erforderlich ist. Der Erblasser hat doch klar gesagt, wer was haben soll? Ganz so leicht (wie es sich auch die Richterin gemacht hat), ist es aber leider nicht. Die Verfügungen des Erblassers müssen so ausgelegt werden, dass diese den Grundsätzen des Erbrechts entsprechen. Die Grundsätze des Erbrechts Das deutsche Erbrecht kennt eine Einsetzung auf einzelne Gegenstände nicht. Wer als Erbe eingesetzt ist, der übernimmt in der Sekunde des Todes den gesamten Nachlass des Erblassers. Das bedeutet, der Erbe, bzw. die Erbengemeinschaft erhält das Eigentum und den Besitz an allen Nachlassgegenständen. Mitnichten ist es also so, dass mit dem Erbfall der Sohn Alleineigentümer des Hauses und des Kontenvermögens geworden ist oder die Ehefrau Alleineigentümerin des übrigen Vermögens. Stattdessen fällt das gesamte Vermögen eines Erblassers an seinen Erben, ggf. in Erbengemeinschaft. Alle Vermögensgegenstände des Erblassers, d.h. auch das Haus, das Kontovermögen, etc., fallen dem Erben, bzw. der Erbengemeinschaft, zu. Juristisch formuliert tritt eine Gesamtrechtsnachfolge oder auch eine Universalsukzession ein. Das bedeutet aber nicht, dass es einem Testierenden gänzlich verwehrt wäre, einzelne Nachlassgegenstände zu verteilen oder auch Personen zu begünstigen, die ansonsten aber nicht Erbe oder Erbin werden sollen. Richtigerweise werden solche Anordnungen juristisch nicht als „Erbe“ bezeichnet, auch wenn das im nicht juristischen Sprachgebrauch ganz üblich ist. Stattdessen liegt entweder ein Vermächtnis oder eine Teilungsanordnung vor. Vermächtnis Bei einem Vermächtnis weist der Erblasser einen bestimmten Gegenstand jemandem zu. Ein Beispiel dafür wäre, wenn es im Testament heißen würde: „Ich vermache meine Eisenbahnanlage an meinen guten Freund Dieter“. Es verbleibt bei dem zuvor benannten Grundsatz: Zunächst fällt das Eigentum in die Erbengemeinschaft. Dieter erhält das Eigentum an der Eisenbahn also nicht „von selbst“. Stattdessen hat er einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Erbengemeinschaft auf Übereignung der Eisenbahn. Das heißt, dass alle Mitglieder der Erbengemeinschaft und Dieter sich darüber einig sein müssen, dass die Eisenbahn ihm zukünftig gehören soll und ihm im besten Fall die Eisenbahn auch direkt aushändigt wird. Weigert die Erbengemeinschaft sich, müsste Dieter auf Herausgabe klagen. Es bedarf also eines gesonderten Aktes, die Erbengemeinschaft muss das Vermächtnis noch erfüllen. Teilungsanordnung Daneben kann der Erblasser auch eine Teilungsanordnung in seinem Testament treffen. Beispielsweise könnte das Testament lauten: „Mein Sohn und meine Tochter beerben mich zu gleichen Teilen. Im Wege der Teilungsanordnung bestimme ich, dass mein Sohn die Bankkonten erhält und meine Tochter das Haus.“ Auch hier tritt zunächst der Grundfall ein: Sohn und Tochter bilden eine Erbengemeinschaft. Sowohl Haus als auch Bankkonten fallen zunächst in die Erbengemeinschaft und müssen von beiden gemeinschaftlich verwaltet werden. Bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft kann nun aber die Tochter verlangen, dass ihr Bruder daran mitwirkt, ihr das Haus zu übertragen. Umgekehrt gilt es für die Bankkonten genauso. Auslegung des Testamentes Soweit stellen sich also die Grundzüge des materiellen Erbrechts dar. Doch gerade juristische Laien, die ihr Testament selber formulieren, kennen diese Grundzüge und Begrifflichkeiten häufig nicht. Die Hinterbliebenen stehen dann vor der schwierigen Frage, wie ein solches unjuristisch formuliertes Testament denn eigentlich auszulegen ist. In dem Beispielsfall stellt sich die Frage, wer denn nun Erbe geworden ist? Die Ehefrau, der Sohn oder beide? Bei der Auslegung, gerade eines handschriftlichen Testamentes, darf dabei nicht streng vom Wortlaut ausgegangen werden. Gerade die Begriffe „erben“ und „vermachen“ werden bei der Errichtung von Testamenten durch erbrechtliche Laien gerne vermischt. Stattdessen stellt sich die Frage, wer den Nachlass aus Sicht des Erblassers hauptverantwortlich übernehmen, verwalten und auseinandersetzen soll. Darüber kann leider regelmäßig vortrefflich gestritten werden. Aus diesem Grund empfiehlt es sich bei der Gestaltung des eigenen Testamentes fachkundigen Rat einzuholen, bzw. das Testament jedenfalls noch einmal „querlesen“ zu lassen. Auch wenn der Erbfall bereits eingetreten ist und die Hinterbliebenen sich mit einem unklaren Testament auseinandersetzen müssen, kann die frühzeitige Einholung eines anwaltlichen Rats für Klarheit sorgen und Streitigkeiten vermeiden.
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